Revolution - Sturm auf das Rosenheimer Rathaus

In Bayern wurde schon am 7. November 1918, also zwei Tage vor der "deutschen Revolution", die Monarchie abgeschafft und die Republik ausgerufen.
Bayerns letzter König, der Wittelsbacher Ludwig III. floh zunächst nach Schloss Wildenwart, wegen der Unruhen in Rosenheim dann weiter auf sein Jagdschloss Anif bei Salzburg. Dennoch verlief die Revolution in Rosenheim zunächst sehr gemäßigt.

Am 8. November 1918 wurde - nach Münchener Vorbild - ein Volks- und Soldatenrat gebildet. Eine einberufene Volksversammlung auf der Loretowiese legte die Forderungen fest, die anschließend der Verwaltung vorgetragen und ohne Widerstand angenommen wurden.
Erster Vorsitzender des Volksrates war der Arbeitersekretär Karl Göpfert, Erster Vorsitzender des Soldatenrats der 22jährige Student Guido Kopp. Die Räte richteten sich im Rathaus eine Geschäftsstelle ein, wobei der Rosenheimer Stadtmagistrat weiter amtierte und versuchte, sich mit der "Nebenregierung" zu arrangieren.

Am 10. Januar 1919 gründete sich eine Ortsgruppe der kommunistischen Partei in Rosenheim. Führendes Mitglied war Guido Kopp, der eine zunehmende Radikalisierung dieser Kreise bewirkte. Die Ermordung Kurt Eisners am 21. Februar 1919 löste auch in Rosenheim die sog. "2. Revolution" aus, die die Erstürmung des Rathauses und die Absetzung von Bürgermeister Wüst zur Folge hatte.
Die Amtsgeschäfte übernahm Karl Göpfert, Stadtkommandant wurde Heinrich Geistaller. Die Lokalpresse wurde unter Zensur gestellt. Am 5. April rief der neue Bürgermeister Göpfert eine Volksversammlung auf der Loretowiese ein, bei der die Errichtung einer Räterepublik befürwortet wurde.

Am nächsten Tag ließ Guido Kopp 30 Geiseln aus der Bürgerschaft als Schutzpfand nehmen, für die sich später freiwillig Bürger zum Austausch zur Verfügung stellten. Dies, wie auch eine spätere Reduzierung der Geiselzahl auf 10 Personen, geschah auf Intervention Göpferts, der damit fast sein Bürgermeisteramt einbüßte.
Am 7. April rief Kopp in Rosenheim die Räterepublik aus. Am 13. April versuchten Rosenheimer Bürger einen Putschversuch gegen ihre Räterepublik - ermutigt durch Ereignisse in München, wo ebenfalls ein Putsch gegen die Räteherrschaft versucht worden war.

Der Rosenheimer Putschversuch, der von Karl Göpfert unterstützt wurde, scheiterte, da am 14. April die Abteilung "Rote Garde" aus München den Bürgerputsch gewaltsam beendete. Bereits am 13. April hatte Guido Kopp den Belagerungszustand und das Standrecht über die Stadt verhängen lassen. Eine Kontributionsforderung von 85.000 Reichsmark an die Räteregierung, Beschlagnahmungen und Geiselnahmen mehrerer Rosenheimer Bürger folgten am 15. April.
Die blutige Niederschlagung der Räterepublik vollzog sich zuerst in Kolbermoor, wohin sich die Räte geflüchtet hatten, nachdem Rosenheim am 1. und 2. Mai von Regierungstruppen, Freikorps und Volkswehren kampflos eingenommen worden war.

Im Bürgertum saß der Schock über die Revolution und den Bürgerkrieg tief. Aus Furcht vor Marxismus und Bolschewismus erhielten die Einwohnerwehren rege Akzeptanz. Ursprünglich aus den als paramilitärische Organisationen verbotenen Freikorps hervorgegangen wurden diese rechtsradikalen Freiwilligenverbände bald auch von der deutschen Regierung als Hilfstruppen zur Bekämpfung der Räterepublik herangezogen. Im Rosenheimer Raum spielte das Freikorps Chiemgau, später Einwohnerwehr Chiemgau unter der Leitung von Rudolf Kanzler eine große Rolle.