Die Pionierkaserne und das Rosenheimer Pionierbataillon 7

Am 16. März 1935 verkündete Hitler in einem offenen Bruch des Versailler Vertrags die Wiedereinführung der allgemeinen Wehrpflicht.

Als Teil der 7. Infanteriedivision war zu dieser Zeit das Pionierbataillon 7 in München stationiert, das nach Rosenheim verlegt werden sollte. Die meisten Rosenheimer sahen in der Verlegung des Pionierbataillons 7 von München nach Rosenheim am 10. Oktober 1936 und dem damit verbundenen Bau einer Kaserne an der Burgfriedstraße eine Aufwertung ihrer Stadt.
Rosenheim, in dem bisher neben den paramilitärischen Einheiten der NSDAP nur die im Pernlohnerkeller untergebrachte Ergänzungs-Pionier-Kompanie stationiert gewesen war, beging die "Ehrung" zur Garnisonsstadt mit großem Aufwand. Nachdem bereits am 6. Oktober ein motorisierter Vortrupp die Stadt erreicht hatte, zog vier Tage später die eigentliche Truppe von der Sanierung her in die Stadt ein. Von Abordnungen der HJ, der SS und SA sowie einer Delegation der Stadtverwaltung mit Oberbürgermeister Georg Zahler begleitet, führte der Zug von der Münchener Straße zum Max-Josefs-Platz, wo unter dem Jubel der Bevölkerung die eigentliche Empfangszeremonie begangen wurde.

Nach dem Marsch zur Kaserne und der feierlichen Übergabe des Gebäudekomplexes wurde der für Rosenheim so bedeutsame Tag mit einem großen Zapfenstreich auf dem festlich beleuchteten Max-Josefs-Platz und einem anschließendem Ehrenabend im Hofbräusaal beschlossen.

Die Popularität der Pioniere scheint in Rosenheim sehr groß gewesen zu sein. Das propagierte Verhältnis zwischen der stationierten Truppe und dem Ort gibt Pionierleutnant Lang in dem Nachrichtenblatt des Wehrkreises VII wieder:"...wir wollen mit unserer Stadt eine Einheit bilden, die Freud und Leid gemeinsam teilt. Die Stadt muss stolz darauf sein, uns Pioniere des 7. Bataillons zu haben, so wie wir stolz darauf sind, hier am Inn in Garnison zu liegen." Zudem begannen die Soldaten mit der Zeit den städtischen Alltag mitzuprägen, waren sie doch allmählich zu einem festen Bestandteil desselben geworden.
Neben der großen Rekrutenvereidigung am 28. Oktober 1936 traten die Pioniere vor allem mit der Pflege soldatischen Brauchtums wie z.B. dem großen Wecken am Neujahrstag in Erscheinung.

Sicher dürfte auch die Auszeichnung des Pionier-Feldwebels Zweckstätter mit der Rettungsmedaille zum guten Ansehen der Soldaten beigetragen haben: Zu Beginn der Garnisonszeit hatte der Feldwebel einen verunglückten Flößer aus dem Inn gerettet.
In der Monatsbeilage der Zeitschrift "Sport der Wehrmacht", den "Nachrichten aus dem Wehrkreis VII" findet sich eine Anzahl von Aufsätzen, in denen Mitglieder des Rosenheimer Pionierbataillons die Umgebung des neuen Standorts hinsichtlich ihrer Sportmöglichkeiten schildern. Besonders die leicht zu erreichende Tiroler Bergwelt begeisterte die Pioniere, was allerdings bald aus einem anderen Blickwinkel heraus gesehen werden musste.

Im März 1938 setzten sich die Rosenheimer Pioniere in Richtung Österreich in Marsch. Nach dessen Annexion wurden sie unter ihrem Kommandeur Wilhelm Ullersperger im Sudetenland und später, während des Krieges, auch in Polen, beim Westfeldzug und in Russland eingesetzt.
In der Ausgabe des Rosenheimer Anzeigers vom 14./15. Oktober 1939 berichtete Kommandeur Ullersperger über den Einsatz beim Überfall auf Polen, bei dem acht Soldaten des Bataillons getötet wurden. Nach dem Polenfeldzug wurde das Bataillon in die Nähe von Düsseldorf an den Rhein verlegt. Am 10. Mai 1940 begann der Angriff auf die holländische Grenze. Am 28. Mai wurde die Kapitulation der belgischen Armee bekannt. Für den größten Teil des Pionierbataillons 7 endete der Westfeldzug in Bourbon-Lancy an der Loire. Zu beklagen waren neun Gefallene und 26 Verwundete.
Ab 1941 war das Bataillon bis Kriegsende im Russlandfeldzug eingesetzt. Ein großer Teil der Einheit geriet hier in russische Kriegsgefangenschaft.

Nach dem Krieg bezog 1954 der Bundesgrenzschutz die alte Pionier-Kaserne, deren Gebäude teilweise durch Bombentreffer zerstört waren und erst wieder aufgebaut werden mussten.

Zeitzeuge