Die Blüte der Bierkellerwirtschaften im 19. Jahrhundert

Das Ausschenken von Bier bei den Lagerkellern war den Brauern zunächst untersagt. Bier durfte nur in den Braugaststätten in der Altstadt und in den genehmigten Wirtshäusern ausgeschenkt werden. Erst 1812 erlaubte eine königliche Verfugung den Brauern offiziell, Märzenbier auf den Kellern „in Minuto zu verschleißen", also vor Ort auszuschenken. Dies galt jedoch nur von Juni bis September. Außerdem war nur die Bewirtung mit Bier und Brot erlaubt.

Nachdem es während der Biedermeierzeit üblich wurde, am Sonntag mit der ganzen Familie einen Spaziergang zu Fuß in die nähere Umgebung zu machen, wurden die Sommerkeller bald ein beliebtes Ausflugsziel. Vor den Kellerhäusern wurden Tische und Bänke aufgestellt. Bald verfügte jeder Keller über eine Kegelbahn, manche über einen Schießstand.

Nach dem Anschluss an das Eisenbahnnetz 1857 erlebte Rosenheim einen wirtschaftlichen Aufschwung und verzeichnete einen erheblichen Einwohnerzuwachs. Für die in der Saline, bei der Eisenbahn oder in den neuen Industriebetrieben hart arbeitende Bevölkerung war der Besuch einer Bierkellerwirtschaft ein willkommener Ausgleich.

Der Gang „auf den Keller" war in den Sommermonaten bis zum Ersten Weltkrieg eine beliebte Freizeitbeschäftigung. Schwerpunkt des „Kellerlebens" war der Roßacker, wo noch 1900 acht Bierkeller sowie Verkaufsbuden für Wurst und Käse auf Gäste warteten.

Text: Karl Mair, Stadtheimatpfleger