Der Hofphotograph Simson - Verleihung des Hoftitels

Königliche Hoftitel galten im Gegensatz beispielsweise zum "Hofrat"als persönliche Auszeichung für einen Gewerbetreibenden.

Mit einer königlichen Verordnung vom 24. Januar 1912 wurde die Verleihung und das Führen von Hoftiteln neu geregelt 1).

Die Verleihung war in der Form des eigentlichen Hoftitels - z.B. Königlich Bayerischer Hofphotograph - oder als Hoflieferantentitel möglich. Mit einem Gesuch mußte der Antragsteller seine persönlichen, geschäftlichen und finanziellen Verhältnisse beim Obersthofmeisterstab in München darlegen 2). Dieser konnte allerdings erst nach Zustimmung durch den König bzw. Prinzregenten den Hofgewerbetitel per Dekret verleihen.

Voraussetzung für die Verleihung war die bayerische Staatsangehörigkeit, die Vollendung des 30. Lebensjahres, die Leitung eines Geschäftes seit mindestens sechs Jahren und neben tadellosem Leumund und königstreuer Gesinnung auch einwandfreie Vermögens- und Familienverhältnisse. Der verliehene Hoftitel durfte nicht nur vom Beliehenen persönlich, sondern auch für das Geschäft verwendet werden. Außerdem war damit die Berechtigung zum Führen des großen Königlichen Wappens im Geschäft, zum Beispiel beim Firmenaufdruck verbunden.

Bei einer Geschäftsverlegung mußte der Hoftitel jedesmal neu beantragt werden. Er konnte in großer Form als Königlich Bayerischer Hoftitel vom Königshaus vergeben werden; aber auch die Prinzen und Prinzessinnen mit eigener Hofhaltung waren berechtigt, die sogenannten "Bayerischen Prinzen-Hoftitel" an Gewerbetreibende zu verleihen. Im Zusammenhang mit der Bezeichnung Hofphotograph mußte dann der Zusatz "Seiner Königlichen Hoheit des Prinzen ..." folgen. Besonders nach 1900 hielt man sich aber nicht mehr streng an diese Bestimmung, meist wurde der Zusatz weggelassen und nur der Hoftitel in der Geschäftsbezeichnung geführt.

Für die Verleihung eines Prinzen-Hoftitels war das jeweilige Hofmarschallamt des Prinzen zuständig, das ebenfalls vorher die königliche Genehmigung einholen mußte.

Im Gegensatz zum großen Hoftitel wurde der Prinzen-Hoftitel allerdings nicht im Gesetz- und Verordnungsblatt veröffentlicht. Als Voraussetzungen für die Prinzen-Hoftitelverleihung galten analog die für den großen Hoftitel. Lediglich was den geschäftlichen Status anging war keine hervorragende Stellung unter gleichartigen Geschäften, sondern nur eine günstige Weiterentwicklung bei zufriedenstellenden Leistungen verpflichtend.

Statt des Königlichen Wappens trat an dessen Stelle das Wappen des jeweiligen Prinzen von Bayern. Mit der Thronbesteigung des Verleihers erlosch der Prinzen-Hoftitel.

Sowohl für die Verleihung des großen, als auch des Prinzen-Hoftitel mußten Gebühren bezahlt werden, die in der Höhe zwischen 300 bis 3000 Mark für Gewerbetreibende schwankten.

Die Verleihung des Titels "Hofphotograph Seiner Königlichen Hoheit des Prinzen Ludwig von Bayern" beantragte Franz Xaver Simson nicht direkt. Sie ergab sich vielmehr durch eine Intervention des Rosenheimer Bürgermeisters Josef Wüst im Dezember 1902 3). Simson hatte eine Sammlung von Photographien über Rosenheim an Prinz Ludwig (den späteren König Ludwig III.) geschickt, was ohne vorherige Erlaubnis des Hofmarschallamts nicht gestattet war. So erfolgte prompt die Rückfrage bei der zuständigen Behörde - in diesem Fall der Bürgermeister Wüst - , was Simson mit diesem Geschenk für einen Zweck verfolge. Wüst gelang es, die Wogen für Simson zu glätten, indem er die Gabe als bloße Dedikation, also Ehrerbietung, bezeichnete; gleichzeitig nutzte er die Gelegenheit, Simson für die Verleihung des Prinzen-Hoftitels zu empfehlen. Neben Simsons geschäftlichem Erfolg und seinem tadellosen Leumund - besonders hervorgehoben wird die gesellschaftliche Reputation - wäre eine Hoftitelverleihung, so Wüst, auch für die Stadt Rosenheim selbst sehr wünschenswert. Obwohl drittgrößte Stadt Oberbayerns hatte Rosenheim nur ein Geschäft, das zur Führung des Hoftitels berechtigt war, nämlich die Kunstschlosserei von Peter Wolf, Hoflieferant Seiner Königlichen Hoheit des Prinzen Rupprecht.

Mehrere Geschäfte, die einen Hoftitel führten, mehrten also auch das Ansehen des Ortes, in dem sie sich befanden. Man kann somit die Reputation eines Hoftitelträgers gerade in einer kleineren Stadt wie Rosenheim sehr hoch ansetzen.

Auf Wüsts besondere Empfehlung hin wurde Franz Xaver Simson vom Hofmarschallamt aufgefordert, das persönliche Ersuchen auf Verleihung des Prinzen-Hoftitels zu stellen. Diesen hat Simson laut eines Schreibens des Hofmarschallamts des Prinzen Ludwig von Bayern im Februar 1903 erhalten. Nach dem Tod des Prinzregenten (1912) bestieg 1913 der frühere Prinz Ludwig den bayerischen Thron. Gemäß den Bestimmungen über die Hoftitelführung erloschen damit alle von ihm noch als Prinz verliehenen Hoftitel.

Franz Xaver Simson hatte im September 1913 das Gesuch auf den Titel "Königlich Bayerischer Hofphotograph" gestellt.
Mit Wirkung vom 01. Januar 1914 durfte Simson diesen großen Hof titel führen 4). Er behielt ihn auch nach Abschaffung der Monarchie 1918/19 bei.

Sein Antragsformular wie auch das Schreiben des Obersthofmeisterstabs haben sich erhalten. Der Fragebogen für das Hoftitelgesuch zeigt deutlich, wie genau die persönlichen und geschäftlichen Verhältnisse des Antragsteller überprüft wurden.

Daß diese Überprüfung nicht bloße Formalität war, sondern durchaus ernst genommen wurde, zeigt auch das Beispiel des Photographen Franz Riedl.

Bereits im Jahr 1905 versuchte Riedl den großen Hoftitel zu erwerben. Da er allerdings nicht die notwendigen Voraussetzungen erfüllte - Leitung eines Geschäftes seit mindestens sechs Jahren vor AntragsteIlung, gute geschäftliche Verhältnisse - wurde sein Gesuch vom Stadtmagistrat nicht befürwortet. Zwei Jahre später stellte Riedl einen Antrag beim Hofmarschallamt des Prinzen Arnulf von Bayern. Seine Hoffnung, den Prinzen-Hoftitel leichter als den großen Hofti tel zu erhalten, erfüllte sich aber nicht. Auch 1907 konnte der Stadtmagistrat bei Riedl nur auf eine sehr geringe Gewerbesteuer, also kein gutgehendes Geschäft, hinweisen. Mit ausschlaggebend für die Ablehung war sicher aber auch das nicht einwandfreie Benehmen Riedls, der laut Beurteilung des Magistrats ein "marktschreierisches Geschäftsgebahren" und sehr viel "Eingenommenheit für seine Person" an den Tag legte.

Auch ein persönliches Schreiben Riedls an Wüst im September 1908 sowie ein nochmaliger Versuch, diesmal bei der Adjudantur des Prinzen Franz von Bayern, bewirkte nichts, so daß Riedl den Hoftitel nicht mehr verliehen bekam 5).

Anmerkungen
1) Gesetz- und Verordnungsbatt für das Königreich Bayern 1912. S. 51
2) Bis zur Bekanntmachung vom 01. Mai 1837 - veröffenllicht im Regierungsblatt 1837, S. 315 war für die Hofgewerbetitelverleihung das Staatsministerium des Königlichen Hauses und des Äußeren zuständig
3) Alle folgenden Angaben aus: StadtA Ra, Akten I A 3 117
4 ) Amtsblatt des Staatsminisieriums des Königlichen Hauses und des Äußeren und des Inneren, 42. Jg. 1914. S. 23
Die Veröffentlichung der Hoftitelverleihungen wurde ab 1913 nicht mehr im Gesetz- und Verordnungsblatt, sondem im Amtsblatt des Staatsministeriums des Königlichen Hauses und des Äußeren und des Inneren vorgenommen. (falsch Gebhardt, der von fehlender Publikation dieser Titel ausgeht: vgl. Gebhardt S. 259)
5) Alle Angaben aus: SladtA Ro. Akten I A 3 117