Faschingstreiben
18. Februar 1912
Faschingtreiben hat in Rosenheim Tradition. Fotografisch lässt sich die „narrische Zeit“ erstmals mit einem Bild aus dem Jahr 1890 nachweisen. Damals postierte die „Zigeunertruppe“ des Männerturnvereins Rosenheim im Innenhof des Hofbräus für den Fotografen. Auch später waren vor allem die Vereine die Träger der Faschingstraditionen.
Am 18. Februar 1912, am Faschingssonntag, zogen bei mildem Frühlingswetter verschiedene von örtlichen Vereinen gebildete Motivgruppen von der Kaiserstraße durch die Stadt zum Max-Josefs-Platz, wo sie eine Art Zirkusvorstellung gaben. Die Aufführungen fanden überaus großes Interesse bei der Bevölkerung. Auch aus dem Umland kamen zu Fuß und per Bahn Massen von Schaulustigen in die Stadt, und „die vieltausendköpfige Menge stand Schulter an Schulter, so daß keine Stecknadel zwischendurch zu Boden hätte fallen können“, wie der „Rosenheimer Anzeiger“ berichtete. Turnerische Darbietungen, Clowns, Akrobaten, Kunstradfahrer und Tierdressuren wechselten in bunter Folge. Mit dabei waren damals bereits der „Prinz und die Prinzessin Karneval“. Leider sind keine Aufzeichnungen über die Namen der Teilnehmer erhalten geblieben. Der Veranstaltung im Freien schloss sich noch ein „Grand Varieté“ im Saal des Hotels „Deutscher Kaiser“ im Gillitzer-Block an, bei dem wiederum Gruppen verschiedener Rosenheimer Vereine das Programm gestalteten. Besonderen Dank erhielt der Leiter des Karneval-Komitées, der Kaufmann Max Zollner, der in der Kaiserstraße ein Delikatessengeschäft betrieb.
Das Kalenderbild zeigt die „Original Indianertruppe Wild West“ des Rosenheimer Männerturnvereins. Die Fotografie wurde von Wilhelm Knarr aufgenommen, der von dieser Faschingsveranstaltung im Jahr 1912 eine ganze Bilderserie herstellte, die als Postkartenmotive vertrieben wurde.
Text: Ingeborg Armbrüster
Quelle: Stadtkalender "Bilder aus Alt-Rosenheim", 2007/2