Der Bortenmacherladen von Karl Stemplinger

1912
Der Bortenmacherladen der Familie Metzger-Stemplinger 1912

1907 übernahm Karl Stemplinger das Ladengeschäft seines Schwiegervaters Franz Metzger, der in dem alteingesessenen, bereits im Jahr 1720 gegründeten Geschäft Borten-, Stickerei-, Weiß- und Wollwaren sowie Vereinsabzeichen vertrieb. Karl Stemplinger hatte am 23. September 1895 Rosa Metzger geheiratet – im Rahmen einer Doppelhochzeit mit seinem Bruder, dem bekannten Gymnasiallehrer und Schriftsteller Eduard Stemplinger, der sich mit Karolina Habermaier verehelichte.
Da Rosa das einzige Kind von Franz Metzger war – Sohn Franz starb 1899 im Alter von nur 33 Jahren –, bekamen sie und ihr Mann das Geschäft am Max-Josefs-Platz überschrieben. Unter der rühriger Leitung der Familie Stemplinger nahm der Laden einen großen Aufschwung.
Gelernt hatte der 1867 im niederbayerischen Plattling geborene Karl Stemplinger zunächst als Verkäufer bei verschiedenen Firmen in Velden, Dillingen und Passau. Nach seiner Militärzeit fing er 1893 als Verkäufer bei der Firma von Johann Baptist Buchberger in Rosenheim an. Bevor er den Laden seines Schwiegervaters übernahm, versuchte er sich als Händler und Drogist. Mehrmals stellte Karl Stemplinger sein Warensortiment im Laden um, da er immer rasch und modern auf neue Kundenwünsche reagieren wollte. Aufgeschlossen für Neues zeigte sich Stemplinger auch, als er sich als einer der ersten Rosenheimer ein (Hoch-)Rad, damals Velociped genannt, anschaffte. Ebenfalls als einer der ersten besaß er auch ein Automobil und hatte einen Telefonanschluss.
Das Kalenderbild zeigt Stemplingers Geschäft mit den großzügigen Schaufensterauslagen, über denen noch der Namenszug von Franz Metzger steht. Vor dem Laden sieht man Karl Stemplinger, am Schubkarren den Laufburschen Xaver Eberth. Nebenan stehen die Geschäftsinhaber des benachbarten Eisenwarengeschäfts Josef und Veronika Staber in der Ladentür. Das Bild wurde von Rosa Stemplinger aufgenommen, die eine begeisterte Fotografin war. Ihre Fotosammlung bereichert heute die Bestände des Stadtarchivs und enthält viele Porträts bekannter Rosenheimer Familien.

Text: Ingeborg Armbrüster
Quelle: Stadtkalender "Bilder aus Alt-Rosenheim", 2007/5

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