Knaben des Kinderhorts in der Frühlingstraße

1910
Knaben des Kinderhorts in der Frühlingstraße, 1910

Die 1894 von Stadtpfarrer Anton Mayer mitbegründete „St. Vincentius Conferenz zum heiligen Nikolaus“ (der spätere Vinzentiusverein) hatte es sich von Anfang an zur Aufgabe gemacht, einen Knaben- und Mädchenhort zu errichten. Damit sollte – so das damalige Ziel – insbesondere der Verwahrlosung der wachsenden Zahl von Arbeiterkindern entgegengewirkt werden. Der Vinzentiusverein kaufte deshalb das 1890 von Zimmermeister Peter Neff erbaute Haus an der Ecke Frühlingstraße/Klosterweg. Gleichzeitig ließ der Verein einen Anbau mit zwei geräumigen Sälen errichten, der auf dem Kalenderbild links zu sehen ist. Stadtpfarrer Geßl, auf dem Bild in der Mitte, nahm die Einweihung des ältesten Rosenheimer Kinderhorts am 24. Mai 1904, dem Pfingsttag vor. „Hortvater“ war der jeweilige Stadtpfarrer; der langjährige Bürgermeister Wüst war dem Kinderhort als Vorstandsmitglied des Vinzentiusvereins verbunden. Während die Armen Schulschwestern zwei Kindergärtnerinnen zur Betreuung der Mädchen stellten, wurden die Knaben die ersten zehn Jahre lang von einer weltlichen Kraft betreut, bis auch sie einer dritten Schulschwester übergeben wurden. In der Anfangszeit besuchten rund 120 Kinder den Hort. Die monatliche Gebühr betrug lediglich eine Reichsmark, so dass der Hort auf Spenden aus der Bürgerschaft, insbesondere auf Naturalienspenden der Bäcker und Metzger, angewiesen war. In den 1930er Jahren wurde der Hort „Vinzentiushaus“ genannt, der damals 180 Knaben und Mädchen betreute.
1940 wurde der Hort auf Anordnung des nationalsozialistischen Oberbürgermeisters Gmelch geschlossen und anschließend als Lazarett genutzt. Gegen Kriegsende war dort die „Heereszahnstation“ untergebracht. Im Juni 1945 wurde der Hort wieder für die Kinder geöffnet. Während der damaligen Lebensmittelknappheit errichte die Zahl der Hortkinder mit über 300 einen Höchststand.
Der Vinzentiushort wurde 2002 in die Schießstattstraße verlegt; in das alte Gebäude zog die Kinderkrippe der Arbeiterwohlfahrt ein.

Text: Tobias Teyke
Quelle: Stadtkalender "Bilder aus Alt-Rosenheim", 2011/3

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